Rundwanderweg

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Wanderbeschreibung zum Rundweg Waldenbachschlucht und Ruine Rotenzimmern anlässlich des Jubiläums im Jahr 2011

1. Begrüßung

Herzlich willkommen zur Wanderbeschreibung, erstellt anlässlich des 100-jährigen Jubiläums vom Schwäbischen Albverein Ortsgruppe Rotenzimmern.

Der Rundweg, der hier beschrieben wird, ist 100 Jahre alt.

Er war damals mit ein Grund, die Ortsgruppe Rotenzimmern im Schwäbischen Albverein zu gründen.

Da es teilweise durch unebenes auch mal rutschiges, mal steiles Gelände geht, sind gute Wanderschuhe unerlässlich.

2. Ortsgeschichte

Die erste urkundliche Erwähnung Rotenzimmerns war 1094 anlässlich der Schenkung einer Mühle an das Kloster St. Georgen.

In der Folge gehörte Rotenzimmern für lange Zeit als Klosteramtsort zu St. Georgen.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kam Rotenzimmern zu Altwürttemberg und blieb unter Württembergischer Herrschaft bis zum 1. Weltkrieg.

Durch die Gemeinde-, Kreis- und Bezirksreformen aus dem 20. Jahrhundert gehört Rotenzimmern heute zur Gesamtgemeinde Dietingen im Landkreis Rottweil und Regierungsbezirk Freiburg. An allen drei Organisationen liegt Rotenzimmern am äußersten Rand und hat somit Berührungspunkte zu den Nachbar-Organisationen. So haben wir die gleiche Telefonvorwahl wie Rosenfeld, unsere evangelische Kirchen-gemeinde gehört gemeinsam mit Leidringen zum kleinen Heuberg.

Zur Namensgebung von Rotenzimmern gibt es unterschiedliche Deutungsweisen. Eine könnte aus der Zimmerischen Chronik abgeleitet werden.

Dort heißt es:

„Sie fiengen darauf an zu raumen und zu seubern, auch schloß, stött, flecken und wonungen zu bawen, welche alle nach inen Zimbern genannt wurden. Es ligt noch auf dem ainen thail ain dorf in ainem tal, Rottenzimbern gehaißen, von wegen der ainen rott, die sich von den zimbrischen der enden nidergelassen.

Rotenzimmern ist heute nach Rottweil und Schiltach aus bauhistorischer Sicht der bedeutendste Ort im Landkreis Rottweil.

3. Jockeles Haus

Die alten Häuser in Rotenzimmern haben alle einen „Hausnamen“. Dieses Haus hier heißt „Jockeles Haus“. Auch dieses – inzwischen doch schon etwas in Mitleidenschaft gezogenes – Haus ist ein bau- und sozialgeschichtliches Zeugnis für die teilweise bescheidenen Lebensumstände auf dem Land.

Schon im 19. Jahrhundert war das Haus in drei Parteien aufgeteilt. Später mussten hier sogar drei Familien mit insgesamt 21 schulpflichtigen Kindern unter einem Dach leben.

Der Waldenbach, welchen wir jetzt hinaufsteigen, sorgte immer wieder für Überschwemmungen und Wegeschäden, so dass 1949 der Bach verdolt wurde.

Eine der Überschwemmungen hat uns folgende Geschichte hinterlassen:

D’Mischde vor s’Hauser-Johanessa-Haus‘ wurde vom Hochwasser mitgenommen. Konsequent wie dieser Mann war, ging er angesichts seiner leeren ‚Mischde‘ schnurstracks ins Rößle„, holte einen „Schoppa Schnaps“ und leerte ihn mit folgendem Kommentar in den Waldenbach: ‚I hao no jedam Mischdfuhrmah an Schnaps gea, ond dau kriagscht au oan.‘. Ob er aber vorher selber noch einen Schluck oder zwei genommen hat, ist nicht aktenkundig.“

4. Sandsteinklinge

Kurzer geologischer Abriss zu den Schichten, welche wir im Augenblick durchwandern. Wir bewegen uns in den Keuper- Schichten, Entstehungszeitraum vor ca. 235 Mio. bis 200 Mio. Jahre.

Von unten nach oben: dem Gipskeuper folgt der Schilfsandstein, Bunte Mergel, Stubensandstein und schließlich der Knollenmergel. Diese Wechsel kann man auch deutlich an den verschiedenen Hangneigungen sehen, im Bereich der „weicheren“ Mergelschichten gibt es eher flache Hänge, unter dem Schutz der härteren Sandsteinschichten bilden sich steilere Hänge.

Der Sandstein wurde verwendet, um die Holzböden in den Stuben zu scheuern. Daher kommt auch der Name „Stubensandstein“.

Die jungen Mädchen mussten dafür sorgen, dass immer Sandstein im Haus war. Weil immer da, wo junge Mädchen sind, auch junge Burschen nicht weit sind, kam es dazu, dasss in Rotenzimmern die kleinen Kinder nicht vom Storch gebracht worden sind, sondern am „Kindles-Schtoa“ abgeholt wurden.

Es ist nach einer Erzählung unseres ehemaligen Dorfschützes, dem „Saih-Karle“ so gewesen bis ins Dritte Reich. Da soll der Hitler gesagt haben, dasss man keinen „Kindles-Schtoa“ mehr brauche, weil die Frauen ein eigenes „Geschirr“ haben und so die Kinder auch selber bekommen könnten.

 

5. Kirschbäume

Früher war hier eine offene Landschaft.

Ein Gewann-Namen weist auf die „Raote Stoag“, die rote Steige hin. Früher sollen hier unzählige Kirschbäume gestanden haben und – besonders zur Blütezeit – ein wunderschönes Bild abgegeben haben.

Durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel wurden immer mehr schwieriger zu bewirtschaftende Flächen aufgeforstet.

Das Gelände ist heute Landschaftsschutzgebiet, der Wald ist „ARB-Wald“, „Wald außer regulärer Bewirtschaftung“.

Hinweis auf das Klötebrünnele.

Früher haben da die Bauern ihren Durst gelöscht, wenn sie bei der Feldarbeit waren.

6. Auf der Hochfläche

Albberge zeigen Gebiet der „10-Tausender“.

Abfragen, wie sie heißen, wie hoch sie sind, von rechts nach links:

Lemberg 1015 m

Hochberg 1009 m

Oberhohenberg 1011 m

Plettenberg 1002 m

Wir befinden uns hier auf ungefähr 670 m.

Hier auf der Hochfläche bewegen wir uns auf der untersten Schicht der Juraformation, dem Schwarzen Jura, es handelt sich um verschiedene Kalk- und Tonschichten, teilweise können auf den Feldern Lesesteine mit kleineren Fossilien gefunden werden. Aus geologischer Sicht stehen wir somit hier schon auf der Schwäbischen Alb, zumindest auf der Voralb.

7. Heufental/Wasserreservoir

Vergleich der hier noch offenen Landschaft mit der Waldenbachschlucht.

Offenhaltung durch Viehbeweidung.

Im Jahr 1911 wurde in einer kontroversen Abstimmung entschieden, einen Wasser-hochbehälter und die Wasserleitung in den Ort zu bauen. An der Hauserhalde wurden zwei Quellen zusammengefasst und zum Hochbehälter geleitet. Bereits im Sommer desselben Jahres stellte sich heraus, dass die Quellen zu wenig Wasser lieferten, weshalb eine weitere Quelle vom Königsrain zugeleitet werden musste.

Die Gemeinde verzichtete auf die Erhebung eines Wasserzinses, verbot aber den Bürgern bei hoher Strafandrohung den unnützen Wasserverbrauch.

Wasserknappheit führte in den folgenden Jahrzehnten immer wieder zu erheblichen Einschränkungen für Mensch und Tier. 1950 wurde überlegt, eine weitere Quelle in der Kohlhalde anzuschließen. Das wurde aber aus Kostengründen fallen gelassen.

1962 wurden sogar Verhandlungen mit der Oberndorfer Überlandfeuerwehr geführt, wegen der Beifuhr von Trinkwasser.

1970 wurde dann nach großen Diskussionen der Antrag für den Anschluss an die Wasserversorgungszweckgemeinschaft Kleiner Heuberg gestellt, in den Jahren 1971/1972 dann auch umgesetzt. Noch bis 1989 war das alte Reservoir in Betrieb, musste dann aber aufgrund mangelnder Wasserqualität von der öffentlichen Versorgung getrennt werden. Seither wird nur noch ein Brunnen und ein Anschluss zur Versorgung der Landwirtschaft bedient.

8. Ruine

Über Jahrhunderte hinweg ist die Burg bei Rotenzimmern nicht mehr bekannt gewesen. Flurnamen wie „Burgstall“, „Bursthalde“, und „Höfle“ wiesen zwar darauf hin, es konnte aber kein Bezug hergestellt werden.

Es ist unter anderem dem Oberförster von Bieberstein aus Rosenfeld zu verdanken, dass wir heute wieder einige Fragmente der ehemaligen Burg sehen. Als er zum ersten Mal in unsere Gegend kam, sind ihm einige nicht ortsübliche Pflanzen aufgefallen.

Zeigerpflanzen rund um mittelalterliche Burgen sind Pimpernuss, Essigbaum und Perückenstrauch. Diese Pflanzen sind vor allem während der Kreuzzüge von den Teilnehmern aus dem vorderen Orient mitgebracht worden. Die Pimpernuss ist auch heute noch bei einem Haus im Ort zu finden, die Besitzer können sich nicht daran erinnern, wann dieser Busch gesetzt worden ist.

Der Hauptlehrer Wagner fand dann bei Geländeübungen mit seinen Schülern die ersten Buckelquader. Darauf wurde in den Jahren 1911/12 zusammen mit dem Burgenforscher Koch aus Söflingen die Anlage ausgegraben.

Zur Geschichte gibt es bei der Ruine eine Tafel mit einigen Details.

9. Am Waldsaum/Schlichem/Schule

Ein paar Daten zur Schlichem. Die Schlichem hat ihre Quelle nördlich von Tieringen beim Hörnle auf einer Höhe von ca. 880 m. Sie mündet bei Epfendorf in den Neckar, auf einer Höhe von ca. 480 m, überwindet also immerhin 400 Höhenmeter und das auf einer kurzen Strecke von nur 33 km. Dies ergibt rein rechnerisch ein Gefälle von 1,2%! Das Einzugsgebiet beträgt rund 100 km². In Tieringen treffen übrigens die beiden großen Flusssysteme Donau (Schwarzmeer) und Rhein (Nordsee) sehr eng zusammen, lediglich 50 m liegen zwischen Bära und Schlichem.

Im Bereich um Rotenzimmern hat sie lediglich ein Gefälle von 0,5%, deswegen mäandriert sie hier auch sehr stark.

Wenn man durch Rotenzimmern läuft, fällt auf, dass hier die Schlichem plötzlich beinahe in gerader Linie verläuft. Dies kommt von einer anfangs des 20. Jahrhunderts (1906) durchgeführten Begradigung.

Warum läuft die Schlichem in Rotenzimmern so langsam?

Klar, weil sie genügend Zeit braucht, um sich den schönen Flecken anzuschauen.

Schule

1953 erfolgte der Neubau des Schulhauses.

Aufgrund geringer Schülerzahlen und mangelnder Lehrerversorgung musste die Schule bereits 1969 geschlossen werden. Die Schüler gehen seither in Böhringen in die Grundschule, weiterführende Schulen werden vor allem in Rottweil besucht.

Seit 1969 wurde das Gebäude als Vereinsheim genutzt. Sowohl der Sängerkranz als auch der Schwäbische Albverein hielten Ihre Probentermine, Veranstaltungen, Arbeitseinsätze und Sitzungen hier ab.

Mit der Fertigstellung des Rat- und Bürgerhauses im Jahr 2002 konnten die Vereine dort in neue Räume einziehen.

Seit 2003 wird die ehemalige Schule von der evangelischen Kirchengemeinde als Gemeindehaus genutzt.

10. Kirche

Nikolaus-Cyriakus-Kirche.

Ursprünglich im romanisch/gotischen Stil erbaut. Das genaue Baudatum ist nicht bekannt. Die kleinste und älteste Glocke wurde um 1300 von Heinrich dem Glogner aus Rottweil gegossen, so dass die Bauzeit wohl davor liegen muss.

Im ersten Weltkrieg mussten zwei Glocken abgegeben werden, 1921 wurden zwei neue beauftragt. Auch im zweiten Weltkrieg mussten wieder zwei Glocken abgeliefert werden. Bei der Neubeschaffung wurde die Stimmung nicht ganz exakt passend zu der kleinen Glocke erreicht, so dass die vier Glocken nicht harmonisch zusammen klingen.

Nur die kleinste und älteste Glocke blieb uns jetzt über 700 Jahre lang erhalten. Sie wird heute noch bei Taufen und zur Aussegnung geläutet, das heißt zum Beginn des Lebens und zum Ende des Lebens.

Sofern ein Läutebube gefunden wird, kann sie auch noch von Hand geläutet werden.

Im Lauf der Jahre wurde die Kirche durch Umbauten stark in Mitleidenschaft gezogen. Erst bei der Renovierung in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Bausünden weitgehend wieder gut gemacht.

Gleichzeitig wurde der isländische Glaskünstler Leifur Breidfjörd beauftragt, neue Fenster zu gestalten, die heute weit über die Landesgrenzen hinaus Beachtung finden.

Üblich ist in Rotenzimmern auch heute noch, dass die Frauen unten in der Kirche sitzen und die Männer oben auf der Empore.

Bei Taufen, Hochzeiten und bei Beerdigungen wird am Ende des Gottesdienstes ein Altarumgang gemacht. Alle Gottesdienstbesucher gehen zum „Opfern“ um den Altar. So kann gleich gesehen werden, wer denn den Gottesdienst besucht hat.

11. Ende

Verabschieden möchten wir uns wie in Rotenzimmern üblich:

„Kommad au wieder“